Recht und Verträge

Hier stehen die gesetzlichen und vertraglichen Erfordernisse für die vertragsärztliche Versorgung im Mittelpunkt. Sie finden zusammengefasst Satzungen und Richtlinien, ausgewählte Verträge und Vereinbarungen speziell für unser Land als auch auf Bundesebene. Dazu bietet die KVMV rechtliche Informationen zu verschiedenen Themen des Praxisalltages an.

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Individuelle Gesundheitsleistungen bei GKV-Versicherten

Ursprünglich ging es vor dem Hintergrund von Neuregelungen durch das Gesundheitsstrukturgesetz 1993 mit der Einführung kassenarztspezifischer Budgets darum, sinkende Einnahmen von Vertragsärzten aus Leistungen, die sie für die gesetzliche Krankenversicherung erbrachten, zu kompensieren.

Hierbei entstand das Konzept „Individuelle Gesundheitsleistungen“ mit dem einprägsamen Kürzel IGeL. Dabei werden individuelle Gesundheitsleistungen häufig als „ärztliche Leistungen, die nicht zum Leistungsumfang der GKV gehören, die dennoch vom Patienten nachgefragt werden und die ärztlich empfehlenswert oder je nach Intensität des Patientenwunsches zumindest ärztlich vertretbar sind“, definiert. Genau genommen beschreibt jedoch die vorgenannte Definition kein neues Konzept. Privatärztliche Leistungen, d. h. Leistungen, die GKV-Versicherte gegen separate Rechnungen in Anspruch nehmen können, sind keine Neuerfindung, sondern im Sinne der GOÄ Leistungen auf Verlangen des Zahlungspflichtigen. Da sich unter IgeL eine große Vielfalt von medizinischen Methoden findet, gibt es auch in vielfacher Hinsicht Überschneidungen mit GKV-Leistungen, welche seitens der an der vertragsärztlichen Versorgung Beteiligten eine gesonderte Beachtung einfordert. So beinhalten die Bundesmantelverträge jeweils inhaltsgleich folgende Formulierung:

„Der  Vertragsarzt darf von einem Versicherten eine Vergütung nur fordern, (...)
2. wenn und soweit der Versicherte vor Beginn der Behandlung ausdrücklich verlangt, auf eigene Kosten behandelt zu werden, und dies dem Vertragsarzt schriftlich bestätigt,
3. wenn für Leistungen, die nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung sind, vorher die schriftliche Zustimmung des Versicherten eingeholt und dieser auf die Pflicht zur Übernahme der Kosten hingewiesen wurde.“

Mithin muss unabhängig davon, ob eine individuelle Gesundheitsleistung außerhalb der GKV oder diese sich mit Leistungen der GKV überschneidet, jeweils im Vorhinein eine schriftliche Bestätigung bzw. Zustimmung des Versicherten eingeholt werden. Damit erfordert jede IGeL die Einwilligung des „Zahlungswilligen“. Voraussetzung für die wirksame Einwilligung ist wiederum eine sachgerechte Aufklärung, hinsichtlich derer der Bundesgerichtshof bereits vor mehreren Jahrzehnten Folgendes ausgeführt hat:

„Eine wirksame Einwilligung des Patienten setzt voraus, dass dieser das Wesen, die Bedeutung und die Tragweiten des ärztlichen Eingriffs in seinen Grundzügen erkannt hat.“

Hierzu nochmals angemerkt: „erkannt hat“ und nicht nur „ihm gesagt worden ist“.

Mithin müssten für eine wirksame Einwilligung folgende Aspekte erfasst sein:

Informationen über

  • die Untersuchungs- oder Behandlungsmethode als solche,
  • den gegebenenfalls fehlenden Nutzennachweis,
  • das Schadenpotential,
  • den Grad der Erprobung,
  • den Grund, weshalb eine Methode keine GKV-Leistung ist,
  • mögliche GKV-Leistungen für die infrage stehende Situation.

Gerade bei letztgenanntem Aspekt möglicher GKV-Leistungen für die infrage stehende Situation hat es in der Vergangenheit gemangelt. Insoweit kann beispielhaft das Fach für Augenheilkunde benannt werden. Soweit innerhalb dieser Fachrichtung individuelle Gesundheitsleistungen angeboten werden, ist beispielsweise der GKV-Versicherte da rüber zu informieren, dass die Refraktionsbestimmung Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung ist, eine Beratung zur Brillenglaswahl hingegen nicht. Insoweit bedürfte es einer schriftlichen Bestätigung des jeweiligen Patienten, dass er in Kenntnis der Tatsache, dass die jeweilige Leistung nicht bzw. Bestandteil der GKV ist, gleichwohl ausdrücklich verlangt, auf eigene Kosten behandelt zu werden. In diesen Fällen wäre dann auch angezeigt, eine ordnungsgemäße Liquidierung nach GOÄ vorzunehmen. Dabei ist hinsichtlich der Überprüfung, ob eine wirksame Bestätigung bzw. Zustimmung abgegeben wurde, die Kassenärztliche Vereinigung zuständig, hinsichtlich der Liquidierung nach GOÄ die Ärztekammer.

 

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