Unter Umständen möchte ein Patient, obwohl er als Versicherter Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung beanspruchen kann, gleichwohl privatärztlich behandelt werden. Anhand eines einfachen Beispiels wird nachfolgend auf einzelne Aspekte zur Abrechnung der anfallenden Leistungen eingegangen:
„Der gesetzlich Versicherte P geht zu seiner Hautärztin, um sich einen Leberfleck entfernen zu lassen. Obwohl in diesem konkreten Fall aus Sicht der Hautärztin zweifelsfrei eine gesetzliche Leistung vorliegt, möchte P, ohne die Gründe näher darzulegen, gleichwohl eine privatärztliche Behandlung.“
Die privatärztliche Behandlung des Patienten ist in einem solchen Fall nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Jeder gesetzlich Versicherte kann auf seinen Anspruch auf ärztliche Behandlung und Heilfürsorge verzichten und stattdessen den Arzt auf eigene Rechnung in Anspruch nehmen. Die Ärztin darf hier jedoch nur dann privatärztlich tätig werden, wenn der Patient die Privatbehandlung ausdrücklich wünscht und dies auch vor Behandlungsbeginn schriftlich bestätigt (§ 18 Absatz 8 BMV-Ä bzw. § 21 Absatz 8 EKV). In der schriftlichen Bestätigung muss die Information enthalten sein, dass es sich bei der konkret bezeichneten Behandlung um eine gesetzliche Leistung handelt, auf die der Versicherte ohne eigene Kostentragung Anspruch hat, und der Patient sich gleichwohl in diesem Wissen auf eigene Kosten behandeln lassen will.
„Der gesetzlich Versicherte P begibt sich nunmehr zu seinem Hausarzt. Er schildert diesem, dass er sich zuvor bei der Hautärztin einen Leberfleck auf eigene Kosten entfernen lassen hat. Die Nachbehandlung will P jedoch über die „Chipkarte“ erbracht haben.“
Der Wunsch des Patienten geht hier dahin, nach der privatärztlichen Behandlung gleichwohl für die Nachbehandlung Leistungen der gesetzlichen Versicherung in Anspruch zu nehmen. Ob dies möglich ist, hängt davon ab, ob sich die gesamte Behandlung, hier die Leberfleckentfernung, in selbständige Behandlungsschritte trennen lässt oder nicht. In den hierzu von den Gerichten getroffenen Entscheidungen werden Leistungen, die nach dem Lebenssachverhalt miteinander zusammenhängen, als eine medizinische Einheit aufgefasst; eine Trennung dieser Einheit in privatärztliche und gesetzliche Teile wird abgelehnt.
Der Hausarzt müsste hier also den Patienten darauf aufmerksam machen, dass die Leberfleckentfernung und die notwendige Nachbehandlung eine Behandlungseinheit darstellen. Die gewünschte Nachbehandlung kann folglich nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden. So ist auch sichergestellt, dass der Hausarzt nicht einzelne Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbringt, die womöglich schon zuvor auf Kosten des Patienten abgerechnet worden sind. Eine doppelte Abrechnung sowohl als privatärztliche als auch als gesetzliche Leistung ist unzulässig.
„Auf Anraten seines Hausarztes begibt sich P nochmals zur Hautärztin und lässt von dieser ohne weitere Kosten im Rahmen des bisherigen privatärztlichen Vertrages die notwendige Nachbehandlung durchführen. Als sich die Wunde nach ein paar Tagen jedoch unerwartet entzündet, sucht P erneut seinen Hausarzt auf.“
Sofern zuvor bei der notwendigen Nachbehandlung noch von einer medizinischen Einheit im Rahmen der Leberfleckbehandlung auszugehen war, besteht diese Einheit hier wohl nicht mehr. Die Entzündung stellt sich als neues Ereignis bzw. Erkrankung dar, die nicht notwendiger Leistungsbestandteil der anvisierten Nachbehandlung ist. Daraus folgt, dass die Behandlung der Entzündung des Patienten zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung vorzunehmen ist. Dies gilt auch unabhängig davon, ob hier der Hausarzt oder die Hautärztin tätig wird. Zur Ergänzung sei noch auf den Artikel „Abrechnung ärztlicher Folgebehandlungen“ im KV-Journal März 2011 hingewiesen, wonach auch bei sogenannten Schönheitseingriffen die Behandlung etwaiger Komplikationen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung zu erfolgen hat.
Assessor Thomas Schmidt
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